Unter der Glasglocke

Kein Wunder fühlte ich mich in den letzten Tagen, als stünde eine Scheibe zwischen mir und der Welt. Die wunderschöne Stadt Goslar und das Bergwerk Rammelsberg, beide zu Recht UNESCO-Weltkulturerbe, konnten mich nur mässig begeistern. Mir war ständig kalt.
Bockenem, einer der herzigen Fachwerkhäuser-Orte in Niedersachsen, fand ich trostlos und öde; das Brauergildehaus, meine Unterkunft, nur schrecklich, unfreundlich, nicht wie ein Daheim. Als ich ankam, war niemand dort; den Schlüssel fürs Haus organisierte ich mir telefonisch, meine Zimmertüre stand weit offen, das Zimmer war kalt und es roch.
Spätabends traf die Wirtin doch noch ein, klopfte an meine Türe und fragte, ob alles in Ordnung sei. Als ich ihr erzählte, dass ich am anderen Tag nach Hildesheim wandern wolle, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen. "Nein, so was! Das müssen Sie nicht tun. Ich kann Sie doch hinfahren."
Die Unfreundlichkeit steckte vor allem in mir.

PS. Zum gestrigen Tag der Frau passt das Buch "Die Glasglocke" von Silvia Plath. Plath war in den 1970ern Jahren eine Ikone der Frauenbewegung; ihr Buch beschreibt ein Frauen-Leben - zum Glück oder hoffentlich wirklich eines von gestern.