Erbarme dich unser

Sehe ich auf meinem Weg alte, leerstehende Häuser denke ich sofort an die Möglichkeit einer Asylunterkunft; eine déformation professionnelle, die abzulegen mir noch nicht gelungen ist. Auf dem Weg von Bad Grönebach bis Memmingen begegnete ich in kleinen Weilern vielen Häusern, deren besseren Zeiten weit zurück liegen müssen.
Das Unterallgäu scheint weniger mit Geld gesegnet zu sein, aber nicht minder fromm als das Oberallgäu.
Taube Fensterscheiben oder mit Frost beschlagene: Trotz minus 10 Grad draussen erweckten die Häuser nicht den Eindruck, als ob es drinnen gemütlicher wäre. Also marschierten wir weiter, obwohl Mira bestimmt viele Türen hätte öffnen können. Mit ihren roten Gepäcktaschen (ich trage sie meist während eines Drittels des Weges, weil Mira ohne Last so lustig und lebensfroh herum rennt, was mir immerhin das Herz erwärmt) und ihrem depressiven Blick ist sie eine Tür- und Herzensöffnerin.

Mit Tieren, obwohl sie weniger frieren als wir Menschen, ist das menschliche Erbarmen grösser. Wie es mit dem göttlichen aussieht, bleibt mir unerschlossen.